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13.01.2017 Hugo Ball und die deutsche Intelligenz

DADA feierte 2016 sein 100-Jähriges. Was ist geblieben? Einer ganz sicher: Hugo Ball, der eigentliche DADA Begründer. Er emigrierte 1915 in die Schweiz: „nur heraus aus dem Vaterland“.  So viel "verdammte Pflicht und Schuldigkeit", damit Deutschland „stolz sein kann auf sich“, konnte Ball nicht mehr ertragen. Er war Pazifist und damit in der Minderheit. Und Minderheiten mag der deutsche Geist nicht, damals nicht und heute nicht. Schon gar nicht, wenn sie sich einem höheren nationalen Auftrag verschließen, wenn sie nicht mitmarschieren oder gar zweifeln am „wir schaffen das“. Der Kaiser meinte damals, in vier Monaten sei der Krieg gewonnen, tatsächlich war er nach vier Jahren verloren. Ball zweifelte vor allem an der nationalen moralischen Selbstüberhöhung, am „deutschen Wesen“, an dem die Welt genesen soll. Zudem war Ball ein großer Freund der französischen Kultur, der sich das Deutsche Reich aber turmhoch überlegen fühlte. Deutsch war Kultur, Französisch war nur Zivilisation. Man muss sich das gefühlte Gefälle vorstellen wie heute zwischen Merkel-Deutschland und Ungarn oder Russland. Die Bereitschaft zum Gehorsam und zur Überheblichkeit wurzelt laut Ball tief im Protestantismus. Auch heute geht es wieder sehr deutsch zu in Deutschland. Botho Strauss liegt völlig falsch mit dem Gedanken, er sei der letzte Deutsche, der in diesem Land lebt, das eigenschaftslos geworden sei. Deutscher als Merkel, die Pfarrerstochter, kann keiner sein. "Der Herrgott hat uns diese Aufgabe jetzt auf den Tisch gelegt", begründete die Kanzlerin ihre Flüchtlingspolitik, die sie direkt vom EKD-Bischof Bedford-Strohm empfing. Gott mit uns. Pastor Gauck im Schloss Bellevue teilt das Land, wie schon Luther, in ein helles und ein dunkles Deutschland. Die deutsche Selbstüberhebung steht damals wie heute im starken Kontrast zur Wahrnehmung durch ihre Nachbarn. Das Volk ohne Mitte neigt wieder mal zur Maßlosigkeit. Es schwankt von der Servilität zur Autorität, von übertriebener Angst zur irrationalen Euphorie. In seiner Ichschwäche sucht es stets danach, in etwas Größerem aufzugehen, diesmal ist es die postnationale Einwanderungsgesellschaft. Was wird es morgen sein? Die Sehnsucht nach Grandiosität bleibt, etwa wenn Angela Merkel allen EU-Ländern bedeutet, sie „stehe für Moral und Recht“ (die anderen also nicht). Eine Sache, die man gar nicht erst hätte anfangen sollen, bis zum bitteren Ende um ihrer Selbst willen durchzuziehen, ist auch so eine protestantische Tugend, vor der Ball das Weite suchte.   Lesen Sie dazu mehr in meinem Artikel in Cicero Juni 2016